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  • AutorenbildLeila Hajikhanian

Im Fluss statt im Stress

Aktualisiert: 27. März 2023

Eine Anleitung zu mehr Freude und Produktivität bei der Arbeit



Wir leben in einer Zeit, die zunehmend von immer komplexer werdenden Abläufen, unbeständigen Bedingungen, Unsicherheit im Hinblick auf die Entwicklungen der Zukunft und Mehrdeutigkeit in der Auslegung der Gegenwart geprägt ist. Vor dem Hintergrund dieser Bedingungen ist es nicht erstaunlich, dass es gleichsam schwieriger wird, den Anforderungen in allen Lebensbereichen gerecht zu werden. Erfolgreich im Beruf, ein liebevolles und vorbildhaftes Elternteil, darüberhinaus noch attraktiv sein und sogar im Hobby Höchstleistungen erbringen. Ansprüche wie diese, nicht zuletzt befeuert durch die „ach-so-perfekte“ Scheinwelt der sozialen Medien, bringen uns unweigerlich an die Grenzen unserer Belastbarkeit. Nicht Wenigen wird die Endlichkeit ihrer eigenen Ressourcen erst im Zustand völliger Erschöpfung bewusst.


Der Ausweg aus der Zwickmühle zwischen hohen Anforderungen und eigenen Bedürfnissen, liegt weder in der Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen, noch darin, sich den Herausforderungen durch Rückzug dauerhaft zu entziehen. Denn weder Über- noch Unterforderung führen in der Regel zu Freude am Sein und Tun.



Wie sagt man so schön? In der Mitte liegt die Kraft.

Tatsächlich gibt es zu diesem Spruch eine medizinisch-wissenschaftliche Erklärung: Nämlich die Yerkes-Dodson-Regel, die besagt, dass die Leistungsfähigkeit bei mittlerer Aktivierung ideal ist. Die Flow Forschung bestätigt, dass man Aufgaben, deren Schwierigkeitsgrad sich mit den vorhandenen Fähigkeiten deckt, wesentlich produktiver und freudvoller erledigen kann. Unter anderem wurde in Studien belegt, dass Menschen, die am Arbeitstag einen Flow-Zustand erlebt hatten, ihre Motivation und Vitalität stabilisieren und Erschöpfungszustände vermeiden konnten. (1)

Auch in meiner Praxis als ab-c Coach wird für meine KlientInnen immer wieder ersichtlich, dass eine Passung zwischen Aufgabe und Arbeitskraft wesentlich für langfristige Leistungsfähigkeit und somit für den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens ist.

Wer motiviert und leistungsfähig bleiben möchte, sollte also für ein Gleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen sorgen.


Sie denken jetzt vielleicht zurecht: „Leichter gesagt, als getan!“ Daher möchte ich Ihnen an dieser Stelle ein hypnosystemisches Modell vorstellen, das Ihnen hilft, Ihre Aufgaben auf der einen Seite und Ihre Bedürfnisse auf der anderen Seite auszubalancieren.


Um die für eine Balance notwendige Dynamik aufzuzeigen, nutze ich gerne den Vergleich zu Sportarten wie beispielsweise dem Wellenreiten. Wer selbst schon einmal auf einem Surfbrett gestanden ist, weiß, dass erst durch ständige, ausgleichende Bewegungen Stabilität erreicht werden kann.

So wie sich Surfer den Wellen anpassen, so kann es auch in vielen anderen Situationen des Lebens hilfreich sein, sich in Einklang mit den Bedingungen zu bewegen, um Balance zu erlangen.

Dies gilt vor allem dann, wenn unveränderbare Bedingungen, sogenannte Restriktionen, keine Veränderung der Gegebenheiten zulassen. Dann bringt uns einzig und allein eine Verbesserung des Umgangs mit den Umständen weiter. Um bei dem Vergleich zum Surfen zu bleiben: Wir kommen schneller und kraftsparender ans Ziel, wenn wir nicht gegen die Welle ankämpfen, sondern uns im Einklang mit ihr bewegen.

Natürlich befinden wir uns auch immer wieder in Situationen, in denen durchaus die Möglichkeit zur Veränderung der Rahmenbedingung besteht. Wenn wir unter Druck stehen, neigen wir allerdings zu einer eingeschränkten Sichtweise, die dazu führt, dass wir Handlungsoptionen ausblenden.



Zunächst sollten wir also zwischen veränderbaren und nicht veränderbaren Bedingungen unterscheiden.


Dazu ist es häufig hilfreich, sich eine Auszeit zu nehmen und sozusagen von der Tribüne aus das Spielfeld zu betrachten. Während sich in dieser Pause die Gelegenheit bietet, Kraft zu tanken, kann man sich von dieser Beobachterposition einen Überblick verschaffen und Zusammenhänge besser erkennen.

Im nächsten Schritt geht es darum, sich den optimalen Balance-Zustand möglichst bildhaft auszumalen und körperlich zu erfahren. Bilder haben eine starke Wirkung auf emotionaler Ebene und richtig eingesetzt, können Sie uns als intrinsisch motivierende Leitbilder dienen.


Gelingt es, eine Vision unseres „Ich in Balance“ zu entwickeln und dieses auch im selben Schritt zu verkörpern, sind wir schon fast am Ziel angelangt.

Wenn Sie am eigenen Leib erfahren möchten, welche Wirkung die Verkörperung von Bildern hat, lade ich Sie zu einem kleinen Experiment ein:


Suchen Sie sich einen ruhigen Platz, an dem Sie sich wohl fühlen und für ungefähr 10 Minuten ungestört sind. Wenn Sie sich dort eingerichtet haben, stellen Sie sich folgende Frage: Wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig ausgeglichen gefühlt? Welche Situationen, in der Sie den Eindruck hatten, dass alles rund läuft, fällt Ihnen als erstes ein?


Führen Sie sich ein konkretes Bild aus dieser Erinnerung vor Augen. (Tipp: Um die Aufmerksamkeit besser fokussieren zu können, ist es ratsam, die Augen dabei zu schliessen.)


Welche Körperhaltung passt zu dem Bild das vor Ihrem inneren Auge aufgetaucht ist? Sitzen oder stehen Sie? Oder vielleicht liegen Sie ja auch? Nehmen Sie dann die für Ihren Balance-Zustand förderliche Haltung ein. Es steht Ihnen frei, die Haltung jederzeit anzupassen oder sogar in eine Bewegung überzugehen.


Bringen Sie Ihren Fokus zu Ihren Füssen. Welche Qualität hat der Kontakt zum Boden? Gut geerdet oder eher leicht wie eine Feder? Vielleicht auch irgendwo dazwischen? Welche Art der Atmung unterstützt Ihre Ausgeglichenheit? Nehmen Sie sich ein paar Atemzüge Zeit, um den passenden Rhythmus und die richtige Intensität zu finden. Wandern Sie nun mit Ihrer Aufmerksamkeit von Körperteil zu Körperteil und erforschen Sie, welche Haltung zum gewünschten Zustand beiträgt.


Sobald Sie alle Körperteile durchgegangen sind, nehmen Sie abschliessend Ihren Körper als Ganzes wahr und geniessen Sie für ein paar Atemzüge Ihren Zustand. (2)

Um sich bei Bedarf in den optimalen Balance-Zustand versetzen zu können, ist üblicherweise etwas Training erforderlich.


Genauso, wie Sie in einer Sportart durch Wiederholung eines Bewegungsablaufs besser werden, so wird auch Ihre Fähigkeit, sich in eine gewünschte mentale Haltung zu versetzen, durch Training verbessert. Ich empfehle Ihnen, zu Beginn unter möglichst einfachen, d.h. stressfreien Bedingungen zu üben und dann langsam den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen. Als Sportler würden Sie ja wahrscheinlich auch nicht sofort nach dem ersten Training bei den Weltmeisterschaften antreten, oder? Auch hier gilt es das für Sie passende Anforderungsmaß zu finden.

Der Vorsatz zu trainieren ist ein Sache, die Umsetzung in die Realität eine ganz andere.

Nicht selten klagen meine KlientInnen über Schwierigkeiten am Ball zu bleiben. Schliesslich gibt es ja genügend andere Dinge zu erledigen. In diesem Fall kann das Setzen einer Erinnerungshilfe, ein sogenannter Anker, Abhilfe schaffen. Dies kann ein Bild, das Sie sich aufhängen, ein bestimmtes Geräusch, wie das Läuten Ihres Telefons, eine Bewegung, die Sie häufig machen oder auch ein Wort sein, das Sie an den optimalen Balance-Zustand erinnert.

Mein persönlicher Anker ist meine Atmung. Durch tiefes, dennoch sanftes ein- und ausatmen kann ich mich fast mühelos in meinen persönlichen Zustand der Ausgeglichenheit versetzen.

Noch besser funktioniert dies in der freien Natur. Wie wir aus der Umweltpsychologie wissen, wirkt ein Aufenthalt in der Natur entspannend, konzentrationsfördernd und hebt die Stimmung.

Geräusche, Düfte und Farben der Natur vermögen es, positive Gefühle zu wecken und Raum für Reflexion zu öffnen.

Nicht umsonst ist mein bevorzugtes Seminarsetting die Natur. Mehr Informationen zu meinen Seminaren in den Kitzbüheler Bergen finden Sie hier:



(1) Rivkin, W., Diestel, S., & Schmidt, K.-H. (2016). Which Daily Experiences Can Foster Well-Being at Work? A Diary Study on the Interplay Between Flow Experiences, Affective Commitment, and Self-Control Demands. Journal of Occupational Health Psychology, doi.org/10.1037/ocp0000039.

(2) Diese Übung lässt sich sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting durch Abfragen aller Sinneswahrnehmungen, der sogenannten somatischen Marker, erweitern bzw. vertiefen.

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